Poincaré besucht Russland im Juli 1914

Du gibst dir nun alle Mühe, diese Quellen unglaubwürdig zu machen.
Ich hatte mich eigentlich aus der Sache heraus halten wollen, weil ich in der Thematik des Russlandbesuchs Poincarés nicht so sehr drinn bin und wegen Sprachhbarriere da auch Probleme hätte mich in die Originalquellen hinein zu arbeiten.

Ohne mich zu den anderen Dingen äußern zu wollen: Inhaltlich kann ich @andreassolar s Kritik hinsichtlich der Einordnung besagter russischer Militärzeitschrift allerdings durchaus nachvollziehen.
Zweifel daran, ob Quellen richtig verstanden und eingeordnet wurden, müssen schon grundsätzlich erlaubt sein und auch der Umgang von Historikern wie Clark damit ist grundsätzlich kritisierbar.
Du weißt, dass ich von Clark im Allgemeinen einre recht hohe Meinung habe und sein Werk sehr schätze also weit davon entfernt bin ihn in irgendeiner Form schlecht machen zu wollen.
Alledings kommt es hin und wieder auch bei renomierten Historikern vor, dass sie Quellenangaben aus der Sekundärliteratur übernehmen und die Originalquellen, sofern es sich lediglich um Randbereiche ihres eigenen Themas handelt, nicht unbedingt um ihre Kernthemen, nicht nochmal sichten.

Auch professionelle Historiker, im Besonderen, wenn sie versuchen eine multinationale Perspektive einzunehmen, stehen natürlich vor Problemen wie Sprachbarrieren und sind da entweder auf Zusammenarbeit mit anderen Historikern, die die Sprachen beherrschen oder auf Einschätzungen aus der Sekundärliteratur angewiesen.
Clark ist nun kein Russland-Historiker und als besonderer Fachmann für Militärdebatten, dem man zutrauen müsste die einschlägigen Zeitschriften zu kennen, ist er mir auch nicht aufgefallen.

Wenn er sich tatsächlich hinsichtlich der Zeitschrift ausschließlich auf Kuhl bezieht ist es durchaus möglich, dass er das inklusive Einordnung einfach dort übernommen und mangels hinreichender russischer Sprachkenntnisse das Original nicht konsultiert hat.

Dann aber hätte man es eigentlich nicht mit einer Einordnung Clarks, sondern derjenigen Kuhls zu tun und der wird man durchaus eine bestimmte Agenda zuschreiben können und in diesem Zusammenhang dann Vorsicht walten lassen müssen.

Er versäumte es nicht den Russen zum wiederholten Male einen Blankoscheck auszustellen.
Es wäre allerdings, und das fehlt mir bei deiner Betrachtung der französischen Aktionen etwa, zu hinterfragen, inwieweit die französische Regierung denn auch bereits die eigene Bereitschaft bekundet hatte, einen solchen Blankoschek auch zu decken.

In Deutschland lag ein weiter Teil der Entscheidungsgewalt über Krieg und Frieden beim Kaiser, der das durchaus an sich reißen konnte, aber die Rolle des frannzösischen Staatspräsidenten war dem nicht vergleichbar.
Poincaré konnte eine Regierung, die nicht bereit war das mitzutragen, nicht einfach entlassen und Schritte gegen das Votum des Regierungschefs und der Fachminister für Militär Außen und Finanzen durchzuziehen, würde nicht funktioniert haben.

Poincarés handeln in der Juli-Krise hinsichtlich Bestärkung der russischen Haltung in Richtung Unachgiebigkeit ist sicher grunsätzlich problematisch gewesen, insofern bin ich durchaus bei dir.
Aber ich bin auch nach wie vor der Meinung, dass du den Entscheidungsprozess in Frannkreich zu sehr an Poincaré festmachst.
Wenn du dich zum Thema der franzöischen Außenpolitik in der Julikrise äußerst, kommen regelmäßig die Namen Poincaré, Paléologue und Cambon, während allerdings die Regierung in deiner Darstellung der französischen Außenpolitik in der Julikrise regelmäßig keine Rolle spielt, so als handle es sich dabei um eine zu vernachlässigende Größe.

Nun wird man dir insofern entgegenkommen können, zu behaupten, dass die in dieser Zeit sehr schnell wechselnden Regierungsbündnisse in Frankreich dem Präsidenten und dem diplomatischen Korps relatv große Spielräume eingeräumt haben werden auf die französische Außenpolitik Einfluss zu nehmen, weil sie einfach relativ konstant vorhandene Ansprechpartner waren, während die Regierung in 1-2 Moanten passé oder entscheidend umgebildet sein konnte.
Sie aber bei so gravierenden Schritten, wie außenpolitischen Aktionen, die in einen Krieg führen könnten, mehr oder weniger zu übergehen, obwohl Kriegs- und Marineministerium bei so etwas notwendigerweise mitziehen mussten, erscheint mir nicht richtig.


Insofern müssten meines Erachtens, wenn Poincarés Auftritt in Russland bewertet werden soll zwei weitere Fragen grundsätzlich beantwortet werden:

1. Inwieweit war das was Poincaré in St. Petersburg tat mit der Regierung in Paris abgesprochen und wie reagierte diese intern auf Poincarés Schritte.
2. Und dass wäre für das Verständnis für die Mechanik der Juli-Krise durchaus nicht unbedeutsam, wie wurden Poincarés Einlassungen bei den Russen intern diskutiert und welche Kredibilität hatten die, im Besonderen auch im Bezug darauf, ob man Poincaré auch glaubte für seinen Kurs die Unterstützung der französischen Regierung zu haben.

Denn wenn man dir einen relativ starken Einfluss Poincarés auf die Außenpolitik, mit dem Argument der schnell wechselnden Kabinette in Frankreich beigibt, wird man auf der anderen Seite aber auch sehen müssen, dass eben diese Kurzlebigkeit der französischen Regierungen durchaus ein veritabler Grund gewesen wäre daran zu zweifeln, dass Poincaré effektiv in der Lage war französischen Beistand zu garantieren.

Immerhin saßen in Frankreich die Sozialisten in der Regierung, die unbedingt besonders bellizistisch waren und bei der relativ geringen Stabilität der franzsösichen Regierungen musste dann natürlich auch damit gerechnet werden, dass eine Krise solchen Ausmaßes leicht zum Sturz der Regierung führen konnte, im Besonderen sollten die eher stark am Frieden interessierten Sozialisten in der Regierung aus Poincarés Kurs ausscheren.
Dadurch musste für die russische Seite die Gefahr bestehen, das die politische Situation in Frankreich im für Russland kritischen Moment zur Handlungsunfähigkeit des französischen Partners führen konnte.


Deswegen würde ich eigentlich zu dem Schluss kommen, dass möglicherweise nicht so entscheidend war, was Poincaré in St. Petersburg so äußerte, sondern dass möglicherweise viel interessanter war, was die russische Botschaft über die Haltung der französischen Regierung und der französischen Sozialisten zu berichten hatte.
Das Poincaré und die eher konservativen in Frankreich bereit waren einen tedennziell harten Kurs gegenüber Deutschland zu fahren, dass überrascht eigentlich nicht.
Entscheidend für die russsischen Handlungsoptionen war aber viel mehr die Information, ob die Sozialisten in Frankreich das mitmachten oder ob damit zu rechnen war, dass die dagegen auf die Barrikaden gehen und einen Generalstreik anzetteln würden um Schritte zur Mobilmachung zu verhindern oder ähnliches.

Deswegen würde ich Poincarés Zusagen und Empfehlungen an Russland, was ihre Konsequenzen für die russsische Kriegsbereitschaft angeht nicht zu hoch hängen und schon gar nicht würde ich die Haltung der Pariser Regierung dazu und ihre Auswirkungen darauf komplett vernachlässigen.
 
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Ohne mich zu den anderen Dingen äußern zu wollen: Inhaltlich kann ich @andreassolar s Kritik hinsichtlich der Einordnung besagter russischer Militärzeitschrift allerdings durchaus nachvollziehen.
Zweifel daran, ob Quellen richtig verstanden und eingeordnet wurden, müssen schon grundsätzlich erlaubt sein und auch der Umgang von Historikern wie Clark damit ist grundsätzlich kritisierbar.
Du weißt, dass ich von Clark im Allgemeinen einre recht hohe Meinung habe und sein Werk sehr schätze also weit davon entfernt bin ihn in irgendeiner Form schlecht machen zu wollen.
Alledings kommt es hin und wieder auch bei renomierten Historikern vor, dass sie Quellenangaben aus der Sekundärliteratur übernehmen und die Originalquellen, sofern es sich lediglich um Randbereiche ihres eigenen Themas handelt, nicht unbedingt um ihre Kernthemen, nicht nochmal sichten.

Auch professionelle Historiker, im Besonderen, wenn sie versuchen eine multinationale Perspektive einzunehmen, stehen natürlich vor Problemen wie Sprachbarrieren und sind da entweder auf Zusammenarbeit mit anderen Historikern, die die Sprachen beherrschen oder auf Einschätzungen aus der Sekundärliteratur angewiesen.
Clark ist nun kein Russland-Historiker und als besonderer Fachmann für Militärdebatten, dem man zutrauen müsste die einschlägigen Zeitschriften zu kennen, ist er mir auch nicht aufgefallen.

Wenn er sich tatsächlich hinsichtlich der Zeitschrift ausschließlich auf Kuhl bezieht ist es durchaus möglich, dass er das inklusive Einordnung einfach dort übernommen und mangels hinreichender russischer Sprachkenntnisse das Original nicht konsultiert hat.

Dann aber hätte man es eigentlich nicht mit einer Einordnung Clarks, sondern derjenigen Kuhls zu tun und der wird man durchaus eine bestimmte Agenda zuschreiben können und in diesem Zusammenhang dann Vorsicht walten lassen müssen.

Und nun äußerst du dich doch.

Ich bin wie du kein gelernter Historiker; wie die meisten hier. Du selbst arbeitet ganz überwiegend ohne Quellen; zumindest in unseren zahlreichen Diskussionen. und es stört mich nicht, da ich weiß, das du kein Blödsinn erzählst.
Ich bemühe mich, gerade bei solchen Ausführungen wie der russischen Militärzeitschrift dafür auch eine Quelle zu benennen. Dies habe ich mit Kuhl und später Clark geleistet. Ich bin schon der Auffassung, das ich damit den hohen Ansprüchen des Forums Genüge getan habe. Viele geben keine Quellen an und werden dafür auch nicht kritisiert. Ist meines Erachtens auch in Ordnung. Gelten für mich jetzt andere Maßstäbe?
Muss ich mich jetzt auch noch rechtfertigen, das Clark, was ich nicht wirklich glaube, vergriffen haben sollte. Clark ist ein internationaler anerkannter Historiker.
 
. Inwieweit war das was Poincaré in St. Petersburg tat mit der Regierung in Paris abgesprochen und wie reagierte diese intern auf Poincarés Schritte.

Am 25.07. wurde die sogenannte Kriegsvorbereitungsperiode unter dem persönlichen Vorsitz des Zaren beschlossen. Das bar Gefahren in sich, da diese sich auf den europäischen Teil Russlands bezog. Das bedeutete auch auf die Militärbezirke, die östlich vom Deutschen Reich lagen.

Am 26.07.1914 wurde Frankreich umfassend informiert. Der Quai d Orsay hielt sich aber nicht für nötig, irgendetwas zu unternehmen.

Leider stehen der Forschung nicht alle Quellen zur Verfügung, das Poincaré seine Erinnerungen frisiert hat.

Innenminister Maly hatte Caillaux darüber informiert, das der Ministerrat die russische Teilmobilmachung ausdrücklich gebilligt hat.

Es könnten schon sehr wohl strategische Überlegungen Frankreich gewesen sein, nicht au den Verbündeten mäßigend einzuwirken, denn man befürchtete dort, dass jede überlegene Vorbereitung in Österreich-Ungarn Deutschland dazu bringen könnte, einen Teil der an seiner Ostgrenze stationierten Armeekorps an unsere Grenze zu verlegen.

Zum Schluss gilt: Poincaré war die ganz starke und entscheidende Person in der französischen Administration.
 
2. Und dass wäre für das Verständnis für die Mechanik der Juli-Krise durchaus nicht unbedeutsam, wie wurden Poincarés Einlassungen bei den Russen intern diskutiert und welche Kredibilität hatten die, im Besonderen auch im Bezug darauf, ob man Poincaré auch glaubte für seinen Kurs die Unterstützung der französischen Regierung zu haben.

Durch Paléologue seine gebetsmühlartigen Versicherungen der unbedingten französischen Unterstützung, durch die Wiederholung durch Poincarè während seines Besuchs in Petersburg, gehe ich wohl nicht falsch in der Annahme, das die Russen sich der Franzosen sicher waren. Ansonsten hätten sie nicht die Mobilmachung in die Wege geleitet. Die unsichere Variable war Großbritannien.
 
Du selbst arbeitet ganz überwiegend ohne Quellen; zumindest in unseren zahlreichen Diskussionen. und es stört mich nicht, da ich weiß, das du kein Blödsinn erzählst.
Ich arbeite in unseren Diskussionen sehr oft mit Kontexten.

Das liegt vor allem daran, dass ich als Student (in absehbarer Zeit hoffentlich nicht mehr) mit einem sehr begrenzten Budget und einer 20 m² Bude schlicht nicht in der Lage bin mir wirklich umfassende Literaturbestände dazu ins Regal zu stellen und sie damit ad hoc greifbar zu haben.
Dafür fehlen mir sowohl finanzielle Mittel als auch Platz.

Wenn ich mich in Diskussionen vor allem darauf verlege mit Kontexten zu arbeiten, die sich auch aus der Sekundärliteratur ergeben, auf die ich einen besseren Zugriff habe, hat das auch vor allem damit etwas zu tun, dass die Diskussionen hier im Forum oft so schnellebig sind und dass ich oftmals vollkommen raus wäre, wenn ich das genau in den Quellen nachschlagen und zitieren müsste, weil ich da erstmal ein paar Tage bräuchte (abhängig auch von Öffnungszeiten der Bibliotheken und ob ggf. die Fernleihe in Anspruch genommen werden müsste) und es in der Zwischenzeit dann passieren kann, dass die Diskussion bereits mehrere Seiten weiter ist und sich andere Teilnehmer dann davon genervt zeigen, wenn man Beiträge von vor mehreren Seiten wieder hervorkramt und versucht die Diskkussion wieder dahin zurück zu drehen.

Es ist bedauerlich, dass ich oftmals ad hoc keine präzisen Quellenzitate beisteuern kann und ich würde mir das selbst etwas anders wünschen, dazu habe ich im Augenblick aber einfach nicht die Mittel an der Hand oder aber die Diskussionen müssten wesentlich langsamer laufen, nur kann ich natürlich nicht vom gesamten Forum verlangen darauf Rücksicht zu nehmen.

Das einfach nur zur Begründung meiner Arbeitsweise hier.



Ich bemühe mich, gerade bei solchen Ausführungen wie der russischen Militärzeitschrift dafür auch eine Quelle zu benennen. Dies habe ich mit Kuhl und später Clark geleistet. Ich bin schon der Auffassung, das ich damit den hohen Ansprüchen des Forums Genüge getan habe. Viele geben keine Quellen an und werden dafür auch nicht kritisiert. Ist meines Erachtens auch in Ordnung. Gelten für mich jetzt andere Maßstäbe?
Muss ich mich jetzt auch noch rechtfertigen, das Clark, was ich nicht wirklich glaube, vergriffen haben sollte. Clark ist ein internationaler anerkannter Historiker.
Wer hat von dir Rechtfertigung verlangt?

Ich habe lediglich geäußert, dass ich @andreassolar s Einwand zu diesem Thema (und ich schriebt explizit, dass ich mich nur auf diesen Einwand bezog, nicht auf die Zwischentöne) nachvollziehen kann.

Ich habe durchaus Verständnis dafür, wenn man nicht jeden angegebenen Quellen- und Literaturverweis präzise prüft, dass tut keiner von uns. Da würde es ja mitunter Wochen und Monate dauern ein Buch zu lesen, dass verlangt auch sicher niemand von jemandem, der sich damit einfach hobbymäßig beschäftigt.
Ich denke aber wenn jemandem im Forum eine bestimmte Stelle in der Literatur seltsam erscheint und er sich die Mühe macht das zu überprüfen und dass Ergebnis im Forum mitteilt, sollte man dem schon ein gewisses Maß an Beachtung schenken und nicht versuchen das mit Totschlagargumenten aus der Diskussion zu nehmen, in dem man sich auf die Autorität eines Historikers beruft oder sich auf den Standpunkt stellt, nähere Quellenkritik nicht weiter in der Diskussion haben zu wollen.

Damit meine ich explizit #177 und diese Einlassung hier:

Wenn jetzt energisch versucht wird Quellen zu zerlegen, auch wenn diese von renommierten und sehr bekannten Historikern kommen, dann stimmt mich das nachdenklich. Vielleicht hat jemand einfach Langeweile? Vielleicht gefallen jemanden die getätigten Aussagen auch einfach nicht?

Das ist meines Erachtens der falsche Umgang und hilft der Sache nicht unbedingt.
 
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Am 25.07. wurde die sogenannte Kriegsvorbereitungsperiode unter dem persönlichen Vorsitz des Zaren beschlossen. Das bar Gefahren in sich, da diese sich auf den europäischen Teil Russlands bezog. Das bedeutete auch auf die Militärbezirke, die östlich vom Deutschen Reich lagen.
Nun war allerdings die Kriegsvorbereitungsperiode auch noch keine Mobilisation, sondern lediglich Mobilmachungsvorbereitung, die nicht notwendigerweise weitere politische Verwicklungen nach sich ziehen musste.

Innenminister Maly hatte Caillaux darüber informiert, das der Ministerrat die russische Teilmobilmachung ausdrücklich gebilligt hat.
Ja, die Teilmobilmachung.

Da allerdings eine Teilmobilmachung Russlands gegen Österreich-Ungarn anders als eine Generalmobilmachung keine direkte Bedrohung Deutschlands darstellte, konnte der Ministerrat das auch ohne weiteres tun ohne dadurch gleich Haltung zu einem allgemeinen europäischen Krieg zu beziehen.

Es könnten schon sehr wohl strategische Überlegungen Frankreich gewesen sein, nicht au den Verbündeten mäßigend einzuwirken, denn man befürchtete dort, dass jede überlegene Vorbereitung in Österreich-Ungarn Deutschland dazu bringen könnte, einen Teil der an seiner Ostgrenze stationierten Armeekorps an unsere Grenze zu verlegen.

Dazu, wie ich die Weigerung von französischer Seite, mäßigend auf Russland zu wirken oder sich zur eigenen Neutralität gegenüber Deutschland zu erklären für den Fall, dass Deutschland im Westen friedlich bliebe, interpretire hatte ich ja an anderer Stelle schon etwas dargelegt.
Das was dahinter stand war sicherlich keine Haltung, die dem Zweck diente einen Krieg um jeden Preis zu vermeiden.

Und das Ausbleiben solcher Schritte wird sicherlich die russischen Entscheidungsträger in ihrem Handeln bestärkt haben. Darüber dürften wir uns einig sein.

Zum Schluss gilt: Poincaré war die ganz starke und entscheidende Person in der französischen Administration.
Mag sein, aber das reichte für die Russen nicht aus.
Um sicher zu gehen, dass Frankreich im Kriegsfall mitgehen würde, mussten die russischen Entscheidungsträger vor allem wissen, wie sich die Gruppierungen verhalten würden, die erwartungsgemäß als Veto-Player ggen eine solche Entscheidung auftreten konnten und das waren zuforderst die französischen Sozialisten, im Besonderen, da sie gerade auch die relevanten Ministerien in der Hand hatten und damit blockieren konnten, wenn sie wollten.

Und diese Gruppierung repräsentierte Poincaré nicht.

Durch Paléologue seine gebetsmühlartigen Versicherungen der unbedingten französischen Unterstützung, durch die Wiederholung durch Poincarè während seines Besuchs in Petersburg, gehe ich wohl nicht falsch in der Annahme, das die Russen sich der Franzosen sicher waren. Ansonsten hätten sie nicht die Mobilmachung in die Wege geleitet. Die unsichere Variable war Großbritannien.
Natürlich wähnten sich die russischen Entscheidungsträger relativ sicher, darum geht es nicht. Eher um das "warum".

Waren das wie du meinst die Zusagen Poincarés und Paléologues, waren das Meldungen der russischen Botschaft in Paris mit Einschätzungen Haltung der französischen Sozialisten und ihrer Bereitschaft wenigstens nicht zu blockieren oder war das die simple Überlegung, dass wegen der sich daraus ergebenden Sicherheitsprobleme und wegen der französischen Kredite und deren Begleichung Frankreich tendenziell hätte mitgehen müssen?

Du machst das Handeln Poincarés und Paléologues sehr stark, aber daran habe ich gewisse Zweifel.

Und die liegen darin begründet, das Poincaré von seiner parteipolitischen Ausrichtung her ein Rechtsliberaler war, kein Insider bei den Sozialisten und niemand der von sich in Anspruch nehmen konnte für die französischen Sozialisten als der größten Hürde für französische Unterstützung zu sprechen und Kooperation zu verkünden.
Paléologue konnte sich sicherlich jedenfalls zum Teil auf offizielle Instruktionen der Regierung verlassen, aber die Russen waren ja nun keine völligen Amateure im politischen Geschäft und denem musst klar sein, dass nicht alles, was die Botschafter ventilierten unbedingt nicht übertriebene und ungefilterte Regierungsmeinung sein musste.
Beispiele für Diplomaten, die in der Julikrise über ihre Aufträge hinausgingen und versuchten durch persönliche initiative Dinge zu erreichen, von denen sie der Meinung waren dass sie im Sinne ihrer Regierung wären, gab es ja einige.
Z.B. Pourtalès in St. Petersburg oder der von dir selbst erwähnte Hartwig in Belgrad.

Außerdem saß Paléologue in St. Petersburg natürlich relativ weit vom Pariser geschehen weg und konnte von dem her nicht über alles präzise auf dem Laufenden sein, was an der Basis der verschiedenen sozialistischen Parteien in Frankreich lief und weit das die Haltung der Regierung beeinflusste.

Deswegen würde ich mich zu der Einschätzung versteigen wollen, dass wahrscheinlich eher das Ausbleiben politischer Schritte seitens der Pariser Regierung mit Berlin ein Agreement in Richtung Lokalisierung zu suchen und die anderen Erwägungen, für die russische Entscheidungsfindung entscheidend waren, als Einlassungen Poincarés und Paléologues.
 
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General Dobrorolski, Chef der Mobilmachungsabteilung, stellte fest: "Der Krieg war bereits beschlossene Sache und die ganze Flut von Telegrammen zwischen den Regierungen Russlands und Deutschlands stellte nur eine Inzenierung eines historischen Dramas dar."

Nun war allerdings die Kriegsvorbereitungsperiode auch noch keine Mobilisation, sondern lediglich Mobilmachungsvorbereitung, die nicht notwendigerweise weitere politische Verwicklungen nach sich ziehen musste.

Dobrorolski muss es ja eigentlich wissen.
 
Die Amtsvorgänger von Poincaré, Fallières und Loubet, haben sich mit Zusagen für den Bündnisfall gegenüber Russland zurückgehalten. So hatte beispielsweise Präsident Fallières in der bosnischen Annexionskrise 1908/09 es abgelehnt, Russland gegenüber Deutschland und Österreich-Ungarn zu unterstützen und erklärt: Frankreich würde zu seiner Bündnisverpflichtung stehen, aber eben nur dann, wenn lebenswichtige Interessen Frankreichs und Russlands bedroht sind.[4]

Dies änderte sich und die treibende Kraft hinter diesen Kurswechsel war Poincaré. Er positionierte sich als Gegner jeglicher Verständigung mit Deutschland.[5] So lehnte er die von Joseph Caillaux gemachten Vorschläge über ein Bündnis mit dem deutschen Reich ab.[6]

Raymond Poincaré hatte im Januar 1912 das Amt des Ministerpräsidenten übernommen. Gleich nach der Übernahme seines Amtes, machte Poincaré öffentlich deutlich, das er die besten Beziehungen zu Russland pflegen will. Im August 1912 stand ein Besuch in Petersburg auf der Tagesordnung von Poincaré, den er mit dem russischen Botschafter in Paris, Iswolski, vorbereitet hatte, an. Im Zuge dieser vorbereitenden Gespräche stellte Raymond Poincaré Russland einen Blankoscheck für den Krieg aus. Poincaré sagt im Voraus zu, der Bündnisfall sei für Frankreich gegeben, wenn es zwischen Russland und Österreich-Ungarn zu einem Krieg käme und damit dann für Deutschland der Bündnisfall eintrete. Deutschland hatte Österreich-Ungarn gemäß dem Vertrag von 1879 nur für einen Fall militärische Unterstützung zugesichert, nämlich dann, wenn Russland Österreich angreift.

Poincaré hatte also den Bündnisfall für Frankreich erweitert, denn die gemachte Zusage ging über die bestehende Militärkonvention von 1892/94 hinaus.[7][8]

Im September 1912, der Erste Balkankrieg hatte gerade begonnen, kam Poincaré auf seine Zusagen zurück und bestätigte diese nachdrücklich.[9] Während der Krise um die Einsetzung von Otto Liman von Sanders durch das osmanische Reich im Jahr 1913 erklärte er, dass er einen Krieg in den nächsten zwei Jahren erwarte und alles dafür tun würde, um Frankreich darauf vorzubereiten.[10]

Poincaré hatte den Akzent der französischen Politik ganz und gar auf die Vorbereitung eines Krieges verschoben.[11]

Während der Julikrise 1914 waren Staatspräsident Poincaré und Ministerpräsident René Viviani vom 13. bis zum 23. Juli zu einem offiziellen Staatsbesuch in Sankt Petersburg. Poincaré gab seinen russischen Gastgebern eine „feierliche Bestätigung der Verpflichtungen, die aus dem Bündnis für beide Länder hervorgingen“.[12] Dies stärkte Russland den Rücken, das seitdem keinen Grund mehr sah, von seiner Unterstützung für das von Österreich-Ungarn bedrohte Serbien abzurücken.

Am 25. Juli beschloss der russische Ministerrat, unter Vorsitz des Zaren, die sogenannte Kriegsvorbereitungsperiode, die am 26. Juli dann begann. Die Kriegsvorbereitungsperiode umfasste sämtliche europäischen Distrikte Russlands, also auch diejenigen, die an das Deutsche Reich grenzten.
[13]

Da Poincaré seine Aufzeichnung später überarbeitete und Passagen entfernte, verfügt die historische Forschung über keine Aufzeichnungen über die Sitzung des französischen Ministerrats vom 29.07.1914.[14] Der Innenminister Maly hat später geäußert, das der Ministerrat die russische Teilmobilmachung ausdrücklich gebilligt hatte.[15]

Eine Woche nach Poincarés Abreise erklärte Zar Nikolaus II. die russische Generalmobilmachung, die die Kriegserklärung Deutschlands nach sich zog.
aus Raymond Poincaré – Wikipedia
Wenn ich das nachlese, scheint mir die Darstellung von @Turgot am wenigsten davon abzuweichen.
 
Und die liegen darin begründet, das Poincaré von seiner parteipolitischen Ausrichtung her ein Rechtsliberaler war, kein Insider bei den Sozialisten und niemand der von sich in Anspruch nehmen konnte für die französischen Sozialisten als der größten Hürde für französische Unterstützung zu sprechen und Kooperation zu verkünden.

Poincaré war vor allem eins: Lothringer. Seine Heimatstadt war Bar-le-Duc, die von den Deutschen im deutsch -französischen Krieg von den Deutschen eingenommen wurde. Er hasste die Deutschen und insbesondere die Preußen.
 
Außerdem saß Paléologue in St. Petersburg natürlich relativ weit vom Pariser geschehen weg und konnte von dem her nicht über alles präzise auf dem Laufenden sein, was an der Basis der verschiedenen sozialistischen Parteien in Frankreich lief und weit das die Haltung der Regierung beeinflusste.

Und hat seine Regierung reichlich spät über die "Teilmobilmachung" Russlands informiert.

Deswegen würde ich mich zu der Einschätzung versteigen wollen, dass wahrscheinlich eher das Ausbleiben politischer Schritte seitens der Pariser Regierung mit Berlin ein Agreement in Richtung Lokalisierung zu suchen und die anderen Erwägungen, für die russische Entscheidungsfindung entscheidend waren, als Einlassungen Poincarés und Paléologues.

Nein, das halte ich für unzutreffend. Wahrscheinlicher ist, ich schrieb es schon oben, es könnten schon sehr wohl strategische Überlegungen Frankreichs gewesen sein, nicht auf den Verbündeten mäßigend einzuwirken, denn man befürchtete dort, dass jede überlegene Vorbereitung in Österreich-Ungarn Deutschland dazu bringen könnte, einen Teil der an seiner Ostgrenze stationierten Armeekorps an unsere Grenze zu verlegen.
 
@dekumatland

Die Darstellung des Wiki-Artikels hinsichtlich der Veränderung des Bündnisfalls für Frankreich ist in der Form, wie es da geschrieben steht, nicht korrekt.
So wie das der Artikel darstellt, wäre das nämlich ein französischer Freifahrtsschein für einen Angriffskrieg gewesen.
Den hat es aber in dieser Form nicht gegeben.

Der andere Punkt ist, was ich bereits oben betont hatte:



Poincaré war ein Rechtsliberaler und dazu obendrein noch ein Lothringer.

Das heißt Poincaré war jemand, dem möglicherweise das deutsche politische Systemm eher suspekt war und jemand, der schon wegen seines persönlichen Hintergrunds noch mal einen besondern Bezug zur Elsass-lothringen-Thematik hatte.
Das dieser Mann Russland seine Unterstützung für eine möglichst harte Gangart gegen Deutschland zusichern würde, dass war keine Überraschung. Und auch nicht, dass er bei den frazösischen Konservativen bei denen der Revanche-Gedake virulent war und bei Teilen der Liberalen, denen diese preußische Monarchie ohnehin nie ganz geheuer war Unterstützung dafür finden würde auch nicht.

Anders bei den Sozialisten und ihrer internationalistischen und tendenziell er pazifistischen Agenda und die stellten in Frankreich gerade die Regierungskoalition unter Viviani.

Die Russen mussten Poincaré und die Konservativen nicht überzeugen eine harte Haltung gegen Deutschland mitzutragen, dise Bereitschaft konnte man voraussetzen.
Sie mussten die französischen Sozialisten dafür gewinnen oder sie zumindest vom Widerstand dagegen abbringen.

Und in diesem Punkt war was Poincaré von sich gab nicht besonders interessant, weil er in diesem Lager keine Autorität hatte. Poincaré konnte als Gewähsmann für die Rechtsliberalen und Konservativen herhalten, aber wenn er für diese Russland seiner Unterstützung versicherte, dann erzählte er den Russen nur, was die ohnehin bereits wussten oder für sehr wahrscheinlich halten konnten.
Wesentlich interessanter dürfte für die Russen gewesen sein, was René Viviani als Repräsentant des sozialistischen Lagers dazu sagte und ob dieser Andeutungen machte, die dahin gingen, dass die Sozialisten mitgehen und nicht etwa einen Generalstreik anzetteln würden um nötigenfalls eine Mobilmachung zu verhindern.
Das hätte für Russland eigentlich das entscheidende Statement sein müssen, nicht unbedingt, was Poincaré sagte.
 
Poincaré war vor allem eins: Lothringer. Seine Heimatstadt war Bar-le-Duc, die von den Deutschen im deutsch -französischen Krieg von den Deutschen eingenommen wurde. Er hasste die Deutschen und insbesondere die Preußen.
Ist mir durchaus bekannt.

Nur bei einem Krieg müsste schon das ganze Land mitziehen.

Und wenn nun Poincaré ausgerechnet als Lothringer, für den eine harte Gangart gegen Preußen-Deutschland ein persönliches Anliegen war, solche Zusagen machte, musste das deren Wert für Russland tendenziell eher dubios erscheinen lassen, weil sich da die berechtigte Frage aufdrängen musste, ob das denn auch die Meinung des restlichen Frankreich war, auch der Teile Frankreichs, die eine solche persönliche Agenda nicht hatten.

Wer für seine persönlichen Interesen lobbyiert, der neigt einmal dazu seinen persönlichen Einfluss zu übertreiben, wenn er Verbündete ins Boot holen möchte.


Wenn ich die Russen gewesen wäre, ich hätte auf Poincaré nicht so viel gegeben.
Ich hätte Viviani gefragt, ob der mir garantieren könnte, dass auch die Sozialisten, als an der Regierung befindlichen, eher gegen den Krieg eingestellten Kräfte hinter der Sache stehen.
Hätte der als jemand, der die Sache naturgemäß wesentlich skeptischer sehen musste, als Poincaré zugesagt trotzdem mitzumachen, dass wäre deutlich mehr wert gewesen.
 
@Shinigami in welcher Funktion bereiste Poincare Russland? Als privater Tourist auf Bildungsreise? Oder doch in irgendwie offizieller Funktion? Und wenn letzteres, so in welcher?
Ich frage nach, weil deine Kritik an der Darstellung in Wikipedia diese als falsch erklärt.
 
Ich denke aber wenn jemandem im Forum eine bestimmte Stelle in der Literatur seltsam erscheint und er sich die Mühe macht das zu überprüfen und dass Ergebnis im Forum mitteilt, sollte man dem schon ein gewisses Maß an Beachtung schenken und nicht versuchen das mit Totschlagargumenten aus der Diskussion zu nehmen, in dem man sich auf die Autorität eines Historikers beruft oder sich auf den Standpunkt stellt, nähere Quellenkritik nicht weiter in der Diskussion haben zu wollen.

Damit meine ich explizit #177 und diese Einlassung hier:

Ich sehe, du legst noch einmal nach und beziehst Partei. Hättest auch eine PN schreiben können. Ich denke, du hast die Posts im Faden Moderatorenentscheidungen gelesen. In diesen Faden hast du auch die Posts von dem betreffenden User gelesen. Weshalb geht von dir eigentlich in dieses Richtung keine entsprechende Botschaft?

Ich habe dir oben mein Haltung dargelegt; ist diese unverständlich?

andressolar schrieb:
Dass die 'bekannte und vielgelesene Militärzeitschrift' 1913 ein eher wenig verbreitetes militärisches und literarisches Wochenjournal mit begrenzter Reichweite gewesen war, verlegt/herausgegeben von einem gewesenen Hauptmann, wie sich leicht selber recherchieren lässt - geschenkt. Die übliche Revisionisten-Würze bei von Kuhl.

Das Totschlagargument der Revisionismuskeule.

andreassolar schrieb:
Was bitte soll die unkritische Anklammerung an große Namen, wenn nicht mal die Fußnoten bzw. Belege angeschaut werden?

Ich bin also inkompetent.

andressolar schrieb:
Großspurige Meinungsmache eines Revisionisten, denn einen speziellen Neujahrsaufsatz konnte ich in der 1. Ausgabe 1914 von Raswjädtschik nicht finden.

Und nochmal das Totschlagargument der Revisionismuskeule.

andreassolar schrieb:
Schaut man sich russische Seiten und Publikationen an, so kann ausreichend sicher davon ausgegangen werden, dass Raswjädtschik keine bedeutende 'Militärzeitschrift' gewesen war.

Oh Gott, was bin ich doch ungebildet und kann kein russisch. Aber das scheint der User @andressolar vorauszusetzen.

andreassolar schrieb:
Die Suche nach von Kuhls angeblichen Neujahrsaufsatz in der 1. Ausgabe des Jahres 1914 geht noch weiter, ich bin gespannt, ob ich überhaupt einen auch nur ähnlichen Text in der Ausgabe finden werde - und wie sich das mit deepl oder google Übersetzer in deutsch lesen lassen wird.... :D

Angeblichen Neujahrsaufsatz. Es existiert also möglicherweise gar keine Quelle. Clark und ich, der ihn als Quelle genannt haben sind doof.

andreassolar schrieb:
Veteranen, die auch nach tausenden von Beiträgen in gut einem Dezennium zum immer gleichen Großthema anscheinend methodisch immer noch im Nebel stochern & ihre persönliche Meinung mit einer wahllosen Selektion von Fragmenten/Partikeln und Bruchstücken aus fast beliebigen Lit. & Quellen 'belegen'. Und scheinbar überfordert sind mit komplexen Argumentationsmustern, was der Selbstüberzeugtheit vordergründig anscheinend nur wenig Abbruch tut. ;)

Und das hier ist dann der Höhepunkt. Das bedarf keiner Kommentierung mehr.

Zu alldem habe ich von dir nichts gelesen. Stattdessen befasst du dich mit mir.
[/QUOTE]
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn ich die Russen gewesen wäre, ich hätte auf Poincaré nicht so viel gegeben.
Ich hätte Viviani gefragt, ob der mir garantieren könnte, dass auch die Sozialisten, als an der Regierung befindlichen, eher gegen den Krieg eingestellten Kräfte hinter der Sache stehen.
Hätte der als jemand, der die Sache naturgemäß wesentlich skeptischer sehen musste, als Poincaré zugesagt trotzdem mitzumachen, dass wäre deutlich mehr wert gewesen.

Haben sie aber und Viviani war Knetmasse in den Händen von Poincaré. Der hat Viviani auf der Fahrt nach Petersburg stramm auf Kurs getrimmt.
 
Ich frage nach, weil deine Kritik an der Darstellung in Wikipedia diese als falsch erklärt.
Ich habe mich dabei klar verständlich auf die Thematik der Bündniskonditionen in der Wikipediadarstellung bezogen.

"Im Zuge dieser vorbereitenden Gespräche stellte Raymond Poincaré Russland einen Blankoscheck für den Krieg aus. Poincaré sagt im Voraus zu, der Bündnisfall sei für Frankreich gegeben, wenn es zwischen Russland und Österreich-Ungarn zu einem Krieg käme und damit dann für Deutschland der Bündnisfall eintrete."

Diese Passage ist unzutreffend.

So wie diese Passage es darstellt, hätte Frankreich Russland einen Blankoschek ausgestellt jederzeit Österreich-Ungarn anzugreifen und seine Unterstützung zugsichert, wenn dann auf der anderen Seite für Deutschland der Bündnisfall gegriffen hätte.

Das hat so nicht stattgefunden.

Es gab ursprünglich mal eine französische Zusage an Russland, dass für Frankreich der casus foederis greifen würde, wenn Deutschland mobilisierte.
Davon ging man später ab (ich meine 1912) und änderte das dahingehend dass für Frankreich der casus foederis greifen würde, wenn es zu einem unprovozierten Angriff einer der Zentralmächte auf Russland oder zu einem von den Balkanstaaten unprovozierten Krieg gegen die Zentralmächte (faktisch also die Donaumonarchie) konnen würde.

Es gab aber keine vertraglich fixierte Verpflichtung Frankreichs, Russland im Fall eines von ihm selbst oder eines von den Balkanstaaten provozierten Krieges unterstützen zu müssen.
Serbiens Aggieren in der Juli-Krise konnte man genau so als Provokation auffassen, wie eine russische Generalmobilmachung, die Deutschland bedrohte, sofern Deutschland vorher von sich aus nicht agressives unternahm.

Russland und auch französische Beführworter einer harten Linie gegen Deutschland konnten sich daher in der Situation vom juli 1914 nicht auf französische Verpflichtungen aus dem Bündnisabkommen berufen, dass auch die Sozialisten in gewissem Maße gebunden hätte, sondern Russland in diesem Fall zu unterstützen setzte vorraus, dass Frankreich in diesem Fall über seine vertraglichen Verpflichtungen hinaus ging.
Und das mit den Sozialisten an der Regierung.

Ich muss mal gerade nachsehen, ob näheres zur französisch-russischen Bündnisentwicklung in Clarks Schlafwandlern drinnsteht, sonstigenfalls habe ich dazu ad hoc keine Quelle zur Hand und müsste mir Zeit erbitten das demnächst zu beschaffen, es sei denn @Turgot hätte ad hoc Literatur zur Verfügung, die das hergeben würde.

Ich kann dir aber jedenfalls garantieren, diese Einlassung in dem von dir zitierten Artikel, die es sich darstellt, als hätte sich Frankreich auch auf die Unterstützung eines russischen Angriffskrieges verplichtet, die ist falsch.
 
Diese Passage ist unzutreffend.

Ist sie nicht. Genau diese Zusage hat es von Poincarè gegeben; deshalb wird ja auch vom Blankoscheck gesprochen.

Poincaré hat die weitreichende Zusage, dass ein Konflikt zwischen Wien und Petersburg, wenn er für Deutschland den Bündnisfall
auslöse, die französische Beistandspflicht für Russland aktiviere, sehr wohl gemacht.

Nachlesen kannst du das:

Clark, Schlafwandler, S.383
Internationale Beziehungen im Zeitalter des Imperialismus, Reihe 3, Band 2, Dokument 429 (Ist eine Dokumentensammlung)

Kannst du mir eine Quelle benennen, das die genannte Passage nicht zutreffend sein soll?
 
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