Also, ich habe die Diskussion hier ein wenig verfolgt.
Zum Schluss ging es mehr um die mathematischen/rechnerischen Fähigkeiten der Menschen im Mittelalter.
Wenn ich ein Fazit ziehen kann, gab es im Jahr 1000 keine Endzeitstimmung, auch wenn dies immer so behauptet wird.
Den Menschen war gar nicht bewusst, dass sie im Jahr 1000 lebten und was dies ggf. (pseudo) theologisch bedeutet.
Schau doch noch mal auf Sepiolas Beitrag:
Der Abt Abbo von Fleury schreibt um 995:
"Was das Ende der Welt betrifft, so habe ich in meiner Jugend in der Kathedralkirche von Paris eine Predigt an das Volk gehört. Sie besagte, daß der Antichrist genau am Ende des Jahres Tausend käme, bald darauf ereigne sich das Jüngste Gericht. Dagegen verwahre ich mich, so sehr ich kann, und stütze mich dabei auf die Evangelien, die Apokalypse und das Buch Daniel." (zit. nach Rainer Jehl, Endzeiterwartung, in: Der Streit um die Zeit, Hrsg. Markwart Herzog, Stuttgart 2002)
Du kannst diesem Beitrag entnehmen, dass es um das Jahr 1000 herum, bzw. bereits einige Jahrzehnte zuvor, Abbo schreibt von seiner Jugend, eine Endzeiterwartung gab. Gleichzeitig belegt diese Stelle, dass diese Endzeiterwartung nicht von allen geteilt wurde, denn Abbo lehnt sie ja ab, findet es aber wichtig genug, drauf hinzuweisen, dass in den wesentlichen Stellen der Bibel über das Ende der Welt Indizien seien, dass das Ende der Welt nicht um 1000 kommen würde. Es ist also mehr, als bloß ein anekdotischer Schwank aus seiner Jugend.
Was aus Sepiolas Zitat nicht hervorgeht ist, wie verbreitet die Vorstellung eines Weltendes um 1000 gewesen ist. Da müsste man sich den Jehl mal genauer für heranziehen.
Ich möchte auch noch mal auf das von Abbo anzitierte Buch Daniel hinweisen. Aus diesem heraus wurden die wesentliche teleologische Geschichtsvorstellung des Mittelalters abgeleitet, die Lehre von den vier Weltreichen (manchmal konkurrierend, manchmal durchmischt mit der Lehre von den sechs Weltzeitaltern. Die mittelalterliche historiographische Gattung des Chronicons basierte auf diesen Lehren von den vier Weltreichen respektive vier Weltzeitaltern, wobei oft versucht wurde, biblische und römische Geschichtsschreibung in Einklang zu bringen, was sich mitunter ganz putzig liest.
Bzgl. des Weltartikels von Jan von Flocken kommt mir dessen Schlussfolgerung etwas seltsam vor: weil Papst und Kaiser Otto keine Angst vor dem Weltuntergang zeigten und Otto den Grabfrevel am Grab von Karl beging, es zu öffnen, habe es keine Angst vor einem drohenden Weltuntergang gegeben. Dabei zitiert von Flocken doch zunächst Rodulfus Glaber (985 - 1047) der doch genau das dokumentiert: Massenhysterie. Der taucht aber in der Schlussfolgerung seltsamerweise nicht mehr auf. Und dann lässt von Locken Glaber sogar noch das Schlusswort (bevor er vom Mittelalter in die Astronomie wechselt): der Weltuntergang käme eh nicht vor dem Jahr 2000. Anders als Abbo von Fleury (ca. 995) hat Rodulfus das aber nicht ex ante, sondern ex post geschrieben, nämlich nach 1028.