Aber dann sind wir wieder beim Himmel. Der ist immer da. Die Himba leben zwar in einem sehr trockenen Gebiet, das Wasser, das sie während der Frühzeit ihrer Sprache zu Gesicht bekamen, dürfte allenfalls grün und braun in Flüssen und Seen zu finden sein. Aber was ist mit dem Himmel? Er ist doch sehr deutlich von allen Grüntönen zu unterscheiden.
Die Sache mit der Unterscheidung zwischen Grün und Blau den Himba ist doch weniger eindeutig, als sie meistens dargestellt wird. Ich hatte schon darauf hingewiesen, dass es bei den durchgeführten Versuchen soweit ich das in Erfahrung bringen konnte, weniger um die Unterscheidbarkeit der Farben an sich, sondern um die Kategorisierung und Wiedererkennung ging.
Aber auch bei der Kategorisierung ist das ganze nicht so einfach. Im Wikipedia-Artikel zu den Himba findet sich noch eine Graphik zu den Farbkategorisierungen der Himba:
Datei:Himba color Names.svg – Wikipedia
Als Quelle für die Daten ist folgender Artikel angegeben (Abbildung 1 dort entspricht der Grapühik bei Wikipedia, nur dass die Farben dort nicht farblich abgedruckt, sondern als Munsell-Farbcodes angegeben sind):
Roberson, Debi, Davidoff, Jules B., Davies, Ian R. L. and Shapiro, Laura R.. 2005. Color categories: Evidence for the cultural relativity hypothesis. Cognitive Psychology, 50(4), pp. 378-411
PSY_davidoff-robertson-color-categories_2005.pdf (gold.ac.uk)
Danach wird reines Grün in die Kategorie
dumbu eingeordnet, die sonst Gelbtöne, helles Orange und olivgrüne Töne umfass. Dunklere Grüntöne werden dann aber in die Kategorie
burou eingeordnet, die sonst noch dunklere Cyantöne und Blautöne umfasst.
Burou soll übrigens ein Kognat zu blau sein und über Herero aus dem Afrikaans in die Himba-Sprache gekommen sein. Teilweise werden die Blautöne aber auch in die Kategorie
zoozu eingeordnet, was üblicherweise mit Schwarz übersetzt wird und in der Graphik die meisten sehr dunklen Töne umfasst. Auffallend ist, dass die im Bereich Violett deutlich hellere Kacheln als
zoozu und damit quasi als schwarz, dunkel eingestuft werden als im übrigens Bereich. Bei den Blautönen verläuft die Grenze zwischen
burou und
zoozu teilweise durch die Kacheln, so dass sich die Himba da wohl nicht ganz einig sind.
Hier ist vielleicht noch ein Hinweise auf dem von El Quichote bereits verlinkten Artikel über Grün und Blau in verschiedenen Sprachen hilfreich:
"Zum Anderen wird argumentiert, dass die
UV-Strahlung der tropischen
Sonne das Sehorgan schädige, sodass Blaues nicht mehr klar erkannt werde. Dieser auch in nicht-tropischen Ländern stattfindende Vorgang laufe unter tropischer Sonne schneller ab. So werde vergleichsweise früh die Blau-Wahrnehmung verringert. In manchen Sprachen werde daher für die Farbe „blau“ das Wort „dunkel“ verwendet."
Das würde also erklären, dass Violett und von manchen Sprechern auch Blautöne eher in die Kategorie dunkel/schwarz einsortiert werden. Dann wäre es allerdings eher so, dass die Wahrnehmung die Sprache prägt als umgekehrt.
Jedenfalls kann man wohl zusammenfassend sagen, dass die Unterscheidung von Grün und Blau bei den Himba doch etwas komplexer ist und Darstellungen, dass die Himba Grün und Blau nicht unterscheiden würden oder gar nicht unterscheiden könnten, eher irreführend sind.