lend-lease: die US-Lieferungen an die Sowjetunion 1941-45

1. Die Zahlen Thanepowers zum 1.1.42 sind zwar sehr interessant nur sollte man das in Beziehung zu den deutschen Verteidigern setzen und der Frage nachgehen warum die Rote Armee bei ihrem Gegenschlag Ende 41 / Anfang 42 nicht den Erfolg hatten der - wenn man Kräfteverhältnis und Zustand der deutschen Kräfte - ansieht möglich gewesen wäre.

2. Bei der Antwort zu dieser Frage macht das Vorhandensein von 400 Panzern weniger wenig aus.

Im übrigen wenn ich mir die Tabelle ansehe:
Bestand an Panzern un Lend Lease End 41:
.................................Heavy............ ..Medium..................Light
Verfügbar 01.01.42........600...................800......... .............6300
(inc Allied)
davon Alliierte...............187 (Matilda II)...259 (Valentine).......47

frage ich mich ob diese Zahlen realistisch sind.

siehe hier:
Production of AFVs
wurden in der 2.Hälfte 41
930 KW-Panzer und
1886 T34 gebaut.

1. Ich vermute, dass Du Dich auf die Situation vor Moskau beziehst. Beide Seiten waren angeschlagen - in diesem Zusammenhang wird in der Literatur das durchaus anschauliche Bild "angeschlagener Boxer" verwendet, die taumelnd auch sich einschlagen - und verfügten über kein nennenswertes Offensivpotential mehr - im Sinne von Tiefenoperationen -, trotz des Versuchs von Shukow eine Gegenoffensive vor Moskau zu starten, die teilweise erfolgreich war, aber sich schnell erschöpfte.

Entscheidend war wohl aber, dass die RKKA das Potential für eine Verteidigung von Moskau hatte. Und die Aussage von Hill bezieht sich im wesentlichen auf Leningrad und auf die Situation vor Moskau im Dezember 41 und Januar 42 bezog. Und in diesem regionalen und zeitlich sehr begrenzten Kontext gewinnen die westallieierten Panzerlieferungen ihre Bedeutung.

2. Die Produktionsziffern stehen m.E. in keinem Widerspruch zu den Bestandsangaben zum 01.01.42. Sie spiegeln lediglich die hohen Abgänge im zweiten Halbjahr wider. Die Grenzschlachten und die anschließenden großen Kessellschlachten und deren Verluste fallen in diese Zeit (habe leider keine Verluststatistiken in Reichweite). Dann würden sich die Endbstände ja erklären lassen.

Aus diesem Grund gehe ich davon aus, dass Hill realistische Zahlen präsentiert hat. Mich persönlich hat sogar der hohe Anteil überrascht an den mittleren und schweren Panzern, die die Lend Lease Lieferungen für Moskau und Leningrad hatten.
 
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Könntest du da einige nennen, mitsamt dem Wortlaut ihrer Kommentare?

Nein, kann ich so nicht. Meine Aussage bezieht sich primär - quasi als "unsystematische Wahrnehmung" auf einen Film (Großer Vaterländischer Krieg, könnte sein), in dem vermutlich Shukow sich abfällig über die Feuergefährlichkeit westallierter Panzer, im Gegensatz zu den russischen Panzern, äußert. Meine Aussage bezieht sich aber auch auf einzelne unsystematische Aussagen zu diesem Thema, die ich quellenmäßig nicht verifizieren kann. Sorry.

Diese Kritik erscheint mir persönlich sehr plausibel, da sie mit der Kritik der alliierten Soldaten an dem Material übereinstimmt.

Auf die Schnelle ist auf dieser Seite und auf einigen weiterführenden Links nichts von einer Herabwürdigung von lend-lease zu sehen.

Insgesamt war es während der Stalin-Ära ein Nicht-Thema in der Öffentlichkeit, dass in der Darstellung nicht stattfand. Der Kalte Krieg spielte bereits eine zentrale Rolle für die ideologische Auseinandersetzung. Insofern wurde in der stalinistischen post WW2-Ära durchaus mit Lend-Lease in einer "herabwürdigenden" Intention umgegangen, auch um den Anteil der Sowjetunion und seiner Bevölkerung nicht im Ansatz zu schmälern.

Interessant ist der Epilog von Shukow zum Großen Vaterländischen Krieg, bei dem er auf das Thema nicht eingeht und ausschließlich auf die Leistungen des sowjetischen Volkes abstellt, in Übereinstimmung mit der Parteilinie.

Generell: Im Rahmen von "Chrutschow erinnert sich" ging er, post Mortem!!!, auf das Thema Lend Lease ein. Zu Lebzeiten hat er sich, so eine Anmerkung des neutralen Herausgebers, zu diesem Thema nicht positiv geäußert. Er schreibt dem Programm eine hohe Bedeutung im Kampf der RKKA zu, allerdings führt er die Lieferung von Rohstoffen an und nicht die Lieferung von Kampffahrzeuge.

Interessant ist, dass er zugibt, über die realen Dimensionen des Programms keine Zahlen zur Verfügung gehabt zu haben!? Und sagte, dass Mikohljan (hoffe habe ihn richtig geschrieben) über diese Informationen verfügte (der war aber gerade im Gefängnis).
 
Zuletzt bearbeitet:
Nein, kann ich so nicht. Meine Aussage bezieht sich primär - quasi als "unsystematische Wahrnehmung" auf einen Film (Großer Vaterländischer Krieg, könnte sein),

Die "unsystematische Wahrnehmung" teile ich.

Die beiden offiziellen Werke (6 Bände "Der Große Vaterländische Krieg der Sowjetunion" und die spätere Ausweitung auf 10 Bände "Der Zweite Weltkrieg") sprechen die Thematik nur am Rande an: es habe eben Lieferungen gegeben.

Das so aus der Erinnerung. Beim Durchblättern habe ich überhaupt keine Stellen wiederfinden können.


Eigentlich war oben schon der Diskussionsstand erreicht, dass die Panzer nur ein kleiner Aspekt von LL darstellen. Aber gut, wenn darauf erneut fokussiert wird: bereits in zeitgenössischen Dokumenten ("after-action-reports" zB zu den Winterkämpfen "Polarstern" - siehe Glantz, 1942/43) werden die alliierten Fahrzeuge kritisiert: zu geringe Panzerung, schlechtere Geländegängigkeit. Andererseits, soweit Stärkemeldungen vorhanden sind, stellten die westalliierten Panzer rd. 10-15% der Frontbestände in 1942 bis Frühjahr 1943.


Bislang habe ich dazu keine Meinung lesen können.


Was auch etwas in der Diskussion untergegangen ist, war der Hinweis auf die LL-Versorgung der Kaukasusfronten Juli42 - Dez42. Offenbar kann hier niemand die Effekte einschätzen.
 
Insgesamt war es während der Stalin-Ära ein Nicht-Thema in der Öffentlichkeit, dass in der Darstellung nicht stattfand. Der Kalte Krieg spielte bereits eine zentrale Rolle für die ideologische Auseinandersetzung. Insofern wurde in der stalinistischen post WW2-Ära durchaus mit Lend-Lease in einer "herabwürdigenden" Intention umgegangen, auch um den Anteil der Sowjetunion und seiner Bevölkerung nicht im Ansatz zu schmälern.

Du hast natürlich recht mit der Herabwürdigung bzw. Verleugnung in der Stalin-Ära. Das ein großer Teil der Bevölkerung der ehemaligen UDSSR die Bedeutung von lend-lease auch heute noch herabwürdigt oder nicht sehen will, ist wohl auf diese Zeit und ihre mangelnde Aufarbeitung zurückzuführen.
Meine Aussage bezog sich aber auf die derzeitige russische Wiki-Seite und einige weiterführende Links.

Zu den Bezahlungen der lend-lease-Lieferungen habe ich auf der historischen Enzeklopedie folgende Daten gefunden:
Bis 1960 hatten alle ausser die SU ihre Schulden bezahlt bzw. anderweitig abgegolten.
1948 - Su will einen Teil bezahlen (Wieviel ?) - USA lehnt ab
1949 - Ergebnislose Verhandlungen
1951 - USA senkt die zu zahlende Summe auf 800 Mill $ - SU will nur 300 Mill $ zahlen
1972 - neue Vereinbarungen - SU soll bis 2001 722 mill. $ zahlen, bis Juli 1973 werden nur 48 Mill. $ bezahlt, danach nichts mehr als Protest gegen Handelsbeschränkungen
1990 - neue Vereinbarungen, bis 2030 sollen (noch?) 674 Mill. $ gezahlt werden.
 
Du hast natürlich recht mit der Herabwürdigung bzw. Verleugnung in der Stalin-Ära. Das ein großer Teil der Bevölkerung der ehemaligen UDSSR die Bedeutung von lend-lease auch heute noch herabwürdigt oder nicht sehen will, ist wohl auf diese Zeit und ihre mangelnde Aufarbeitung zurückzuführen.
Meine Aussage bezog sich aber auf die derzeitige russische Wiki-Seite und einige weiterführende Links.

Zu den Bezahlungen der lend-lease-Lieferungen habe ich auf der historischen Enzeklopedie folgende Daten gefunden:
Bis 1960 hatten alle ausser die SU ihre Schulden bezahlt bzw. anderweitig abgegolten.
1948 - Su will einen Teil bezahlen (Wieviel ?) - USA lehnt ab
1949 - Ergebnislose Verhandlungen
1951 - USA senkt die zu zahlende Summe auf 800 Mill $ - SU will nur 300 Mill $ zahlen
1972 - neue Vereinbarungen - SU soll bis 2001 722 mill. $ zahlen, bis Juli 1973 werden nur 48 Mill. $ bezahlt, danach nichts mehr als Protest gegen Handelsbeschränkungen
1990 - neue Vereinbarungen, bis 2030 sollen (noch?) 674 Mill. $ gezahlt werden.

Das sind doch aus heutiger Sicht "peanuts". Zudem, die Sowjetunion hat wirklich mit Blut bezahlt und das mehr als reichlich.
 
Das sind doch aus heutiger Sicht "peanuts". Zudem, die Sowjetunion hat wirklich mit Blut bezahlt und das mehr als reichlich.

Die Sowjets haben mit Blut bezahlt. Sehe ich auch so.

Aber: Du unterschätzt solche Vorgänge in ihrer Wirkung auf die Steuerzahler und Wähler einer Demokratie. Denn die haben die Zeche dann ja bezahlt!
Nix zu fressen haben, ihre Schulden nicht bezahlen, aber Atombomben bauen.
Wird sich der "Worker" in Altoona gesagt haben.
Und auch das kann man nachvollziehen.

Die Sowjets haben die Amis auch zT ganz schön beschissen, Alu fällt mir ein, die Mig 15 am Himmel über Korea wird noch kpl. aus L+L Alu gebaut worden sein. Was den Amis auch nicht verborgen blieb.
 
@Köbis17

Ein letzter Versuch:

Der Begriff "Kampfkraft" ist nicht material- sondern personengebunden. Deine Beispiele, Vergleiche und bemühten Zusammenhänge zielen aber auf das Gegenteil ab. Diese Diskrepanz habe ich versucht zu verdeutlichen. Da es dir wichtig ist "immer schön realistisch zum historischen Sachverhalt zu bleiben", dachte ich eigentlich, dass die korrekte Verwendung dieses Begriffes wohl auch in deinem Interesse liegen müsste. Wie auch immer, meinen Standpunkt habe ich damit erschöpfend dargestellt, das Thema für mich abgeschlossen. Es bleibt dir aber natürlich auch in Zukunft frei, Begriffe und Zusammenhänge ganz nach deinen Vorstellungen zu gestalten.


@silesia

Wenn ich das richtig sehe, dann war die Diskussion bei der Auswirkung "1942" angelangt.
Das ist konstruiert, einen direkten Zusammenhang - vor allem in den Ausführungen von "Repo" - kann ich jedenfalls aus dem Kontext nicht herauslesen. Und selbst wenn, ist sowohl die These, dass die Sowjetunion ohne Lend-Lease den Krieg verloren hätte, wie auch die Behauptung, dass die Alliierten in diesem Fall der Fälle den Krieg dennoch gewonnen hätten, reine Spekulation und durch nichts bewiesen, also eigentlich etwas für den Stammtisch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist konstruiert, einen direkten Zusammenhang - vor allem in den Ausführungen von "Repo" - kann ich jedenfalls aus dem Kontext nicht herauslesen. Und selbst wenn, ist sowohl die These, dass die Sowjetunion ohne Lend-Lease den Krieg verloren hätte, wie auch die Behauptung, dass die Alliierten in diesem Fall der Fälle den Krieg dennoch gewonnen hätten, reine Spekulation und durch nichts bewiesen, also eigentlich etwas für den Stammtisch.


Da ich angesprochen werde, und gleich zum 2. mal mit Stammtisch.:fs:

Ich weiß jetzt auch nicht wie ich dies einordnen soll, aber Hiroshima und Nagasaki sind Dir doch sicher ein Begriff?
Was, mein lieber Mitdiskutant, hatte der gute alte Adolf dem denn entgegenzusetzen?

Um es etwas deutlicher zu sagen, diese Erbsenzählerei ob die Amis jetzt zuwenig, zuviel oder gerade genug an "Erbswurst" geliefert haben, langweilt mich. Mit anderen Worten, ich halte sie für irrelevant.

Du schreibst von Kampfkraft. Meines Wissens haben die Russen während der Kämpfe um Stalingrad, also so grob Sept. 42 bis Feb. 43 so roundabout 10.000 Todesurteile vollstreckt. Also soooo groß war die Kampfkraft der Rotenarmee da offensichtlich auch nicht.


Aber bitte lass jetzt die Sprüche von Stammtisch, infantil und so, tut mir doch auch weh.:(
 
Zuletzt bearbeitet:
Und selbst wenn, ist sowohl die These, dass die Sowjetunion ohne Lend-Lease den Krieg verloren hätte, reine Spekulation und durch nichts bewiesen, also eigentlich etwas für den Stammtisch..

Wenn man die Produktion der kriegsrelevanten Rohstoffe oder Halbferigprodukte ansieht, dann fällt auf, dass isoliert betrachtet das 3Reich außer bei Öl nahezu in jeden anderen Bereich eine höhere und im Fall von Eisen einde ca. 3 mal höhere Produktionsleistung erzielte.

Dennoch gewann die SU den "Rüstungswettlauf bei "Primärkampfmitteln" wie Panzer und Flugzeuge deutlich, da:

1. sie im Rahmen der Tiefenrüstung eine sehr effektive und effiziente Massenproduktion von Panzern und Flugzeugen durchführen konnte

2. sie bei wichtigen anderen kriegsrelevanten Fertigerzeugnissen nahezu keine Produktionskapazitäten bereitstellen mußte. Das galt im PKW, LKW, Lokomotiven und Waggonbau vor allem.

3. Sie durch Lend lease gerade auch im Bereich der Fertigungskapazitäten durch zusätzliche Maschinen bzw. Anlagen unterstützt wurde

Hätte die SU diese Bereiche unter 2 mit entsprechenden Roh- oder Edelstahlressourcen ausstatten müssen, dann wäre das zu Lasten der Produktionsziffern im Panzer- und Flugzeugbau gegangen.

Die Ausstattung im Jahr 42 der RKKA hätte sich verzögert und beispielsweise die Reserve-Armeen, die hinter Stalingrad aufgebaut worden waren, wären nicht mit der Geschwindigkeit mit neuem Material ausgerüstet worden, wie sie ausgestattet worden sind. Mit allen historischen Kosnequenzen.

Ob die UdSSR ohne Lend Lease den Krieg verloren hätte, ist sicherlich Spekulation, aber ohne Lend Lease wäre die Kriegsführung der RKKA sehr deutlich verlangsamt worden und hätte das Potential eröffnet, WM-Truppen aus dem Osten in den Westen zu verlegen.

In diesem Sinne kann man, m.E. egal welches Szenario man durchspielt, von einem gravierenden Einfluss auf den Kriegsverlauf ausgehen.

Ansonsten ist in diesem Fall die "Spekulation" ein durchaus legitimes Instrument der historischen Betrachtung. Sie ermöglicht die Einsicht, was passiert wäre, wenn Lend Lease nicht initiert worden wäre und verweist somit auch auf die Bedeutung von Lend Lease.

Derartige Überlegungen werden ja in der Regel im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch von Reichen dargestellt, und um den Einschnitt von Entscheidungen in den historischen Verlauf zu illustrieren.
 
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Und selbst wenn, ist sowohl die These, dass die Sowjetunion ohne Lend-Lease den Krieg verloren hätte, wie auch die Behauptung, dass die Alliierten in diesem Fall der Fälle den Krieg dennoch gewonnen hätten, reine Spekulation und durch nichts bewiesen, also eigentlich etwas für den Stammtisch.

Das ist weder Spekulation noch Stammtischniveau! Man kann ja darüber spekulieren(!), ob 15% mehr Panzer oder 10% mehr Nahrungsmittel für die SU wirklich einen so signifikanten Vorteil bedeutet haben ...
Was aber gerne mal untergeht, ist die Tatsache, daß per LL ca. 90% des sowjetischen Kupferbedarfes gedeckt wurden! Als ob Kupfer kriegsentscheidend wäre .....

@Aeon
denk mal drüber nach, wie ohne Kupfer die ganze Verkabelung aller elektrischen Gerätschaften hätte stattfinden sollen. Denk mal drüber nach, wie ohne Bronze (~90% Cu-Anteil) die ganzen notwendigen Lager für Motoren gefertigt hätten werden sollen. Oder die Zünder für die Granaten.

Sicher hätte die SU auch ohne das Kupfer Krieg führen können; allerdings dann auch nahezu ohne motorbetriebene Waffen und Gerätschaften, ohne moderne Artillerie, ohne Luftwaffe, ohne ....

Und du bist immer noch der Meinung, daß auch ohne LL der Sieg für die SU möglich gewesen wäre?

Ach ja, die Quelle: Rußlands Krieg im Osten von Richard Avery (Seitenzahl muß ich nachliefern, da ich das Buch momentan verliehen habe)

Grüßle aus dem Schwabenländle
 
@silesia
Das ist konstruiert, einen direkten Zusammenhang - vor allem in den Ausführungen von "Repo" - kann ich jedenfalls aus dem Kontext nicht herauslesen.

Und selbst wenn, ist sowohl die These, dass die Sowjetunion ohne Lend-Lease den Krieg verloren hätte, wie auch die Behauptung, dass die Alliierten in diesem Fall der Fälle den Krieg dennoch gewonnen hätten, reine Spekulation und durch nichts bewiesen,

Da ich direkt angesprochen bin:

Ich hatte die Diskussion in erster Linie so verstanden, welche Auswirkungen die LL-Lieferungen auf die militärisch-ökonomische Stärke der SU in 1942 und die eingetretenen Ereignisse hat.

Diese Fragestellungen nach den Auswirkungen hat nichts mit Stammtisch zu tun, sondern ist einmal eine gedeckte Fragestellung nach der zeitgenössischen und heutigen Sichtweise auf dieses Ereignis bzw. der abgebildeten Prozesse, nämlich das erklärende Urteil über die Bedeutsamkeit.
Fragestellungen, die über die Ereignisse hinausgehen ("was wäre bei Verdoppelung der Panzerlieferungen"), habe ich bislang nicht gesehen.

Fragestellungen über die Kausalität von Ereignissen 1942/LL-Lieferungen dürften zum anderen ebenfalls historisch gedeckt sein.

Aber vielleicht sehe ich das ja falsch, indem ausschließlich die Beschreibung des Ereignisses zulässig sein soll. :confused:
 
Der Begriff "Kampfkraft" ist nicht material- sondern personengebunden. Deine Beispiele, Vergleiche und bemühten Zusammenhänge zielen aber auf das Gegenteil ab.
[...]
Den Begriff "Kampfkraft" hat erstmals Creveld - hinsichtlich des WK II - kontextualisiert (vgl. dazu sein gleichnamiges Buch). Ausgangspunkt in der Wehrmacht war dafür die H.Dv. 300 "Gefechtswert" von 1934/36. Dabei wird Qualität und Quantität der Waffensysteme mit der Kampfkraft multipliziert. Kampfkraft bezeichnet dabei die Summe der geistigen Qualitäten (die Ausarbeitung und Umsetzung von Taktiken, Moral u.v.m.).
Nochmal OT:

@Aeon:
Jetzt verstehe ich Dich, die Kampfkraft des Heeres ist natürlich Personengebunden. Wer sonst außer Soldaten sollte die Offensivkraft stellen, zumindest bei der Infanterie.

Aber dennoch gibt es einen Punkt, bei dem die Summe der Kampfkraft der gegnerischen Menge unterliegt.
Und die Kampfkraft der Wehrmacht konnte den Unmengen an sowjetischen Soldaten keinen Ausgleich bieten.
Und das betrachtet ohne technische Hilfsmittel und motorisierter Truppenteile, denn diese Kampfkraft bedarf eines sehr guten wirtschaftlichen Hintergrundes.

Und der Nimbus der unbesiegbaren deutschen Wehrmacht gehört nicht hier her, Kampfkraft hin oder her, denn gebracht hat die Errechnung des Gefechtswertes nichts. Ausser das diverse Leute damals dachten, wir sind die Stärksten...:fs:

Sorry, wenn ich dich missverstanden habe. Bei mir ist die Kampfkraft nun mal die Artillerie, denn das Entern gab es zu diesen Zeitpunkt schon lange nicht mehr.
 
Ich weiß jetzt auch nicht wie ich dies einordnen soll, aber Hiroshima und Nagasaki sind Dir doch sicher ein Begriff?
Was, mein lieber Mitdiskutant, hatte der gute alte Adolf dem denn entgegenzusetzen?

Sorry, aber wenn das deine Grundlage ist, dann kann ich mit meiner Einordnung nicht so ganz falsch liegen. KEIN Mensch weiß, was passiert wäre, hätte - du erkennst das Muster hier ganz bestimmt - dieses und jenes stattgefunden. Solche multifaktoriellen Entwicklungen sind nicht vorhersehbar. KEIN Mensch weiß, wie sich die geopolitische, wirtschaftliche und militärische Lage Deutschlands und der Alliierten nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion entwickelt hätte. KEIN Mensch weiß, wie sich die Sowjetunion in den Jahren nach 1941 ohne "Lend-Lease" geschlagen hätte. Das sind KEINE Tatsachen, sondern Fiktionen, Annahmen im besten Falle. Wenn du das nicht erkennen willst, dann tut mir das leid. Ich werde es nicht ändern können. Belassen wir es doch dabei.

Also soooo groß war die Kampfkraft der Rotenarmee da offensichtlich auch nicht.

Hat ja auch keiner behauptet, oder?


thanepower schrieb:
Wenn man die Produktion der kriegsrelevanten Rohstoffe oder Halbferigprodukte ansieht, dann fällt auf, dass isoliert betrachtet das 3Reich außer bei Öl nahezu in jeden anderen Bereich eine höhere und im Fall von Eisen einde ca. 3 mal höhere Produktionsleistung erzielte.

Das ist ein (zu) vereinfachtes Bild der Gegebenheiten. Man sollte dabei schon bedenken, dass Deutschland in einem Mehrfrontenkrieg stand. Was helfen zudem absolute Zahlen, wenn man die Produktionsverhältnisse nicht berücksichtigt? Gerade der deutsche Flugzeug- und Panzerbau hat gezeigt, dass dort sehr aufwändig verarbeitet wurde. Ganz im Gegenteil zu den alliierten Fertigungsverfahren.

...aber ohne Lend Lease wäre die Kriegsführung der RKKA sehr deutlich verlangsamt worden...

Damit kann ich durchaus mit. Einen Beitrag zu den sowjetischen Kriegsanstrengungen habe ich den Lend-Lease Lieferungen auch nie abgesprochen. Mir ging es eher um die "entscheidenden" oder - im Falle von "Repo" - den entscheidenden Beitrag zum Sieg der Sowjetunion.


@BigBen

Bevor ich auf deinen Beitrag eingehe, liefere doch bitte einmal eine verwertbare (!) Quellenangabe für diese Behauptungen nach.


@silesia

Ich hatte die Diskussion in erster Linie so verstanden, welche Auswirkungen die LL-Lieferungen auf die militärisch-ökonomische Stärke der SU in 1942 und die eingetretenen Ereignisse hat.

Dann verfolge doch bitte den Themenverlauf. Ich bezog mich auf die Hinweise von "Repo", der sich zeitlich weder auf 1942 beschränkt, noch räumlich auf die Sowjetunion.
Seine Thesen sind in diesem Zusammenhang reines was-wäre-wenn, auch wenn er - und scheinbar noch andere - das nicht erkennen. Siehe dazu auch den ersten Absatz dieses Beitrags.
 
@BigBen

Bevor ich auf deinen Beitrag eingehe, liefere doch bitte einmal eine verwertbare (!) Quellenangabe für diese Behauptungen nach.

Richard Overy Rußlands Krieg 1941 - 1945 Seite 302ff

Overy wiederum bezieht sich auf B.V. Sokolov Lend Lease S.570-581

Verwertbar genug?

Bei dieser Gelegenheit eine Korrektur meinerseits; ich habe vorhin aus dem Kopf zitiert.

Die amerikanischen Lieferungen an Kupfer, Aluminium und Gummireifen machten 'nur' etwa 50% des russischen Bedarfes aus. Die vorhin genannten 90% nehme ich daher zurück.
Außerdem erhielt die SU 'nur' 57.8% des Bedarfes an Flugbenzin und nur 53% aller Sprengstoffe aus dem Lend&Lease; dazu noch 95.2% aller Lokomotiven (1900 gegenüber 92 aus Eigenproduktion).

Wie wäre es wohl der RA ergangen, wenn sie nur 40-50% der benötigten Menge an Rohstoffen, Flugbenzin und Sprengstoffen zur Verfügung gehabt hätte und diese aus Ermangelung von Transportmöglichkeiten noch nicht einmal vor Ort, sondern in irgendeinem Lager zwischengelagert?

Grüßle aus dem Schwabenländle
 
Wie wäre es wohl der RA ergangen, wenn sie nur 40-50% der benötigten Menge an Rohstoffen, Flugbenzin und Sprengstoffen zur Verfügung gehabt hätte und diese aus Ermangelung von Transportmöglichkeiten noch nicht einmal vor Ort, sondern in irgendeinem Lager zwischengelagert?
Mal stellvertretend für diese Frage, die anderen Lieferungen ergeben da für mich dasselbe Bild:

Ohne Lend & Lease hätte die UdSSR verloren und Deutschland deswegen nicht gewonnen. Selbst wenn die Lieferungen schon in 1941 einen Effekt gehabt haben sollten, so wären doch die Argumente der hypothetischen Besetzung Moskaus gültig.

Die Rüstung der Roten Armee wäre zwar langsamer gewesen, nicht aber zum Stillstand gekommen. Vielleicht hätte es nicht mehr für eine Eroberung des Ostblocks gereicht, wer weiß? Aber insgesamt ist die militärische Überlegenheit durch Rüstung einfach zu erdrückend.
Aber kein Bestandteil der Lieferungen war wirklich kritisch. Bei Kupfer hätte man teilweise ersetzen können (so wie in Deutschland bei den Feuerbüchsen der Dampfloks), bei Flugbenzin ebenfalls. Anstelle einiger Panzer hätten LKW gebaut werden müssen usw.

Solwac
 
(mod) Text gelöscht (/mod)


Noch zur Klarstellung:
Keine Thesen habe ich aufgestellt, ist mir nicht im geringsten eingefallen.
Ich habe lediglich, sozusagen im Vorbeigehen, meine Meinung dazu geschrieben.
Interessiert hat mich hier lediglich ein Teilaspekt, der geklärt ist.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die Rüstung der Roten Armee wäre zwar langsamer gewesen, nicht aber zum Stillstand gekommen. Vielleicht hätte es nicht mehr für eine Eroberung des Ostblocks gereicht, wer weiß? Aber insgesamt ist die militärische Überlegenheit durch Rüstung einfach zu erdrückend.

Solwac

Ich bin eigentlich eher der Meinung, daß Stalin dann vielleicht um einen Waffenstillstand nachgesucht hätte; es geht ja ohnehin das Gerücht (leider keine Quellen verfügbar), daß es da Sondierungsversuche gegeben haben soll. Ob das nun tatsächlich stichhaltig ist, kann ich - natürlich - nicht sagen.
Aber ohne LL könnte ich es mir sehr gut vorstellen.
Und was nach einem Waffenstillstand geschehen wäre? Da können wir alle nur spekulieren. Ich jedenfalls vermute, daß die Westmächte trotzdem weiterhin Krieg geführt und wohl letztendlich auch gewonnen hätten.

Grüßle aus dem Schwabenländle
 
Ich glaube gerne, dass Stalin lieber einen Waffenstillstand geschlossen hätte als seine Macht abzugeben. ;)
Aber zu einem Waffenstillstand gehören zwei und warum hätte Hitler auf das Angebot eingehen sollen?

Abgesehen davon, dass ich keinen Grund für ein Waffenstillstandsgesuch sehe, weder militärisch noch politisch.

Solwac
 
Natürlich kann die These ohne "lend and lease" wäre die SU zusammengebrochen nicht endgültig und zweifelsfrei belegt werden. Sie hätte es aber weitaus schwerer gehabt, den Krieg weiterzuführen: Die Einnahme von Hauptstadt und Regierungssitz eines kriegsführenden Landes dürfte für beide Seiten ein sehr starkes psychologisches Moment sein. Erschwerend kam hinzu, dass Moskau aufgrund einer schon im zaristischen Russland begonnenen und in der UdSSR fortgesetzten zentralistischen Politik ein sehr wichtiger Verkehrsknotenpunkt war. Eine erfolgreiche Besetzung Moskaus - und die Wehrmacht stand vor den moskowiter Toren! - hätte die Verteilung von Truppen und Material an die Frontabschnitte erheblich erschwert.
Ob nun die Wehrmacht Moskau ohne lend and lease erobert hätte, wissen wir positiv nicht, die Wahrscheinlichkeit wäre wegen der geringeren Kampfkraft aber zumindest gegenüber den historischen Fakten mit dem lend and lease-Programm sicher erhöht gewesen.
 

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Bevor die Ausflüge zu spekulativen Waffenstillstandsangeboten fortgesetzt werden (das Jahr 1941 kann man wohl bzgl. der Auswirkungen von LL-Lieferungen außer Acht lassen):


Gibt es unverändert keine Abschätzung der Auswirkungen der LL-Lieferungen auf die Kriegführung der Roten Armee 1942/43, im Kern vielleicht zunächst eingrenzbar vom Mai bis November 1942?
 
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